Die Koalition macht es sich zur Aufgabe, die Wirksamkeit des Regierungshandelns gezielt zu erhöhen und erarbeitet dazu eine ressortübergreifende Strategie „Wirksam und vorausschauend regieren“. Koordinierende Stellen bündeln die Maßnahmen innerhalb der Ressorts und bei ressortübergreifenden Zielen und Vorhaben.
Wir stärken die Kompetenzen und Kapazitäten der strategischen Vorausschau in den Ministerien, um Chancen, Risiken und Gefahren mittel- und langfristiger Entwicklungen besser erkennen zu können. Wir nutzen vermehrt Wirkungsanalysen in der Phase der Entwicklung von politischen Maßnahmen sowie Evaluationen bestehender Gesetze und Programme, um die Wirksamkeit systematisch zu prüfen.
Wir wollen die Zielgenauigkeit und Wirksamkeit politischer Vorhaben dadurch erhöhen, dass wir politische Vorhaben stärker aus Sicht und mit Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger entwickeln. Dazu verbessern wir die Kompetenzen und Kapazitäten in der Verwaltung, um neueste Erkenntnisse der Sozialwissenschaften besser zu nutzen.
Parlament, Regierung und Verwaltung werden die Möglichkeiten der Digitalisierung intensiv nutzen und die interaktive Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft auf barrierefreien Websites ausbauen. Wir wollen die Potenziale der Digitalisierung zur Stärkung der Demokratie nutzen. Wir wollen die Informationen über politische Entscheidungen quantitativ und qualitativ verbessern und die Beteiligungsmöglichkeiten für die Menschen an der politischen Willensbildung ausbauen. Gerade im Vorfeld von Entscheidungen ist früh, offen, umfassend und verständlich zu informieren. Deutschland wird im Rahmen der „Digitalen Agenda“ der EUKommission einen „Digital Champion“ benennen.
Den Sachverstand und die Meinung der Bevölkerung suchen wir auch über digitale Beteiligungsplattformen, so dass konstruktive und frühzeitige Einflussnahme von Bürgerinnen und Bürgern besser gelingt.
Die Beteiligung der Öffentlichkeit an umweltpolitisch relevanten Entscheidungsprozessen wird gestärkt, ohne die zügige Umsetzung von Planungsvorhaben zu gefährden.
Verkehrsinfrastrukturprojekte brauchen Akzeptanz und Transparenz. Wir werden deshalb die Bürgerbeteiligung in der Vorphase der Planfeststellung weiter verbessern und hierfür verbindliche Qualitätsstandards gesetzlich festschreiben.
Wir wollen Bürgerinnen und Bürger und die Akteure der Zivilgesellschaft konsequent in die Diskussion um Zukunftsprojekte und die Ausgestaltung von Forschungsagenden einbinden. Wir wollen neue Formen der Bürgerbeteiligung und der Wissenschaftskommunikation entwickeln und in einem Gesamtkonzept zusammenführen.
Wir wollen die Partizipation Jugendlicher stärken. Wir wollen Anreize zur Stärkung partizipationsfördernder Kommunalpolitik legen. Jugendhilfeausschüsse und Jugendhilfeplanung bieten Ansatzpunkte guter Jugendpolitik. Wir unterstützen das ehrenamtliche und freiwillige Engagement Jugendlicher und wollen für mehr Anerkennung sorgen.
Die digitale Berichterstattung über den Bundestag und seine Sitzungen sowie über öffentliche Ausschusssitzungen und Anhörungen (z. B. in Streams) wollen wir ausbauen. So bald wie möglich werden wir Bekanntmachungen wie beispielsweise Drucksachen und Protokolle in Open Data tauglichen Formaten unter freien Lizenzbedingungen bereitstellen.
Wir wollen rechtliche Hemmnisse bei der Ausübung des Wahlrechts für Analphabeten und Betreute abbauen.
Wir erhöhen die Transparenz beim Einsatz externer Personen in der Verwaltung. Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, streben wir für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretärinnen und Staatssekretäre und politische Beamtinnen und Beamte eine angemessene Regelung an.
Wir werden die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln.
Wir wollen ein bürgerfreundliches „digitales Deutschland“. Ein Programm „Digitale Verwaltung 2020“ für verbindliche Standards zur flächendeckenden Digitalisierung der Verwaltung soll dazu auf den Weg gebracht werden. Bei den Beschaffungen des Bundes werden wir die Prozesse standardisieren und nach Möglichkeit digitalisieren.
Durch E-Government ergeben sich umfassende Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger und für die Wirtschaft, die die Erledigung von Formalia wie Behördengängen wesentlich erleichtern können. Zahlreiche gute und erfolgreiche EGovernment-Projekte zeigen, dass es innovative technische Lösungen in Deutschland gibt, die allerdings noch nicht flächendeckend und koordiniert umgesetzt sind.
Der Bund wird den Ländern vorschlagen, die Programme des E-Governments unter Verantwortung des IT-Planungsrates zu konsolidieren und zu koordinieren. Dabei sind Technologien nach Möglichkeit langfristig so zu planen, dass keine Abhängigkeiten zu intransparenten Protokollen, Software, Hardware oder Herstellern entstehen.
Bei der Anschaffung von IT-Technologie durch die öffentliche Hand müssen im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsprinzips Innovationspotenziale und Nachhaltigkeit als mitentscheidende Kriterien bedacht werden. Bei Ausschreibungen sollen Sicherheitsstandards vorgegeben und wenn möglich Open-Source-Lösungen erwogen werden.
Voraussetzung für die Akzeptanz elektronischer Behördendienste sind Datenschutz und Sicherheit der Kommunikation und Angebote. Die Identifizierungsfunktion des neuen Personalausweises und die Nutzung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen sind grundsätzlich anzuwenden.
Eine bundesweite laufend aktualisierte Landkarte aller öffentlich angebotenen Dienstleistungen schafft Transparenz, Koordinierung, Verbindlichkeit, Priorisierung und Fokussierung und gibt den Bürgerinnen und Bürgern einen Überblick über die entsprechenden Angebote. Die Idee der einheitlichen Behördennummer 115 wollen wir ins Internet übertragen (www.115.de) und zumindest die 100 wichtigsten und am häufigsten genutzen Verwaltungsleistungen innerhalb der nächsten vier Jahre bundesweit einheitlich online anbieten.
Wir erleichtern den Kommunen die Realisierung, indem wir die besten Umsetzungslösungen häufig genutzter Verwaltungsleistungen anbieten und dadurch eine bessere Vereinheitlichung mit niedrigeren Folgekosten erreichen.
Die Bürgerinnen und Bürger sollen auf Wunsch die Möglichkeit haben, einen einheitlichen Stammdaten-Account, ein sogenanntes Bürgerkonto zu verwenden, um die Kommunikation mit der Verwaltung zusätzlich zu vereinfachen. Zur elektronischen Identifizierung soll der neue elektronische Personalausweis genutzt werden. Das Bürgerkonto kann zum digitalen Dokumentenpostfach erweitert werden.
Eine Systematisierung der bislang nebeneinanderstehenden Rechtsregelungen zum Internet (Internetgesetzbuch) wird geprüft und in diesem Zusammenhang das Leistungsschutzrecht hinsichtlich der Erreichung seiner Ziele evaluiert.
Erste Open-Data-Projekte in Deutschland zeigen das Potential offener Daten. Die Bundesverwaltung muss auf der Basis eines Gesetzes mit allen ihren Behörden Vorreiter für die Bereitstellung offener Daten in einheitlichen maschinenlesbaren Formaten und unter freien Lizenzbedingungen sein. Wir wollen für Bund, Länder und Kommunen ein Open-Data-Portal bereitstellen. Die Koalition strebt einen Beitritt Deutschlands zur internationalen Initiative Open Government Partnership an.
Der öffentliche Dienst ist Grundlage einer funktionierenden staatlichen Infrastruktur und Daseinsvorsorge. Das Berufsbeamtentum ist dabei Garant einer leistungsfähigen und unabhängigen Verwaltung. Zur Sicherung der Fachkräftebasis und zur Gewinnung qualifizierten Nachwuchses brauchen wir eine demografievorsorgende Stellen- und Personalpolitik, moderne, attraktive und familienfreundliche Arbeitsbedingungen sowie partnerschaftliche Personalvertretungen.
Wir wollen die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes weiterhin sicherstellen, indem wir die Zugangsvoraussetzungen künftig auch stärker an gewonnenen berufspraktischen Erfahrungen oder besonderen wissenschaftlichen Qualifikationen orientieren und beispielsweise den Zugang zum höheren Dienst des Bundes auch für Bachelor-Absolventen mit Promotion oder mehrjähriger beruflicher Erfahrung öffnen.
Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz. Bonn bleibt das zweite bundespolitische Zentrum.
Wir wollen einen bürgernahen und effizienten Zivilprozess. So werden wir den Ländern die Möglichkeit einräumen, bei den Landgerichten spezialisierte Spruchkörper einzurichten. Wir wollen außerdem die Neutralität gerichtlich beigezogener Sachverständiger gewährleisten und in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden die Qualität von Gutachten insbesondere im familiengerichtlichen Bereich verbessern. Die Rechtsgrundlagen für den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Akte in der Justiz werden wir weiterentwickeln und die praktische Umsetzung begleiten.
Damit die Bürger einfacher Ersatz für die Schäden erhalten, die sie durch fehlerhaftes Verhalten staatlicher Stellen erlitten haben, fassen wir das zersplitterte Staatshaftungsrecht zusammen.
Wir wollen das Betreuungsrecht in struktureller Hinsicht verbessern und damit das Selbstbestimmungsrecht hilfebedürftiger Erwachsener bedarfsgerecht stärken. Wir werden das Vormundschaftsrecht modernisieren.
Wir wollen das Rechtssprechungsmonopol des Staates stärken. Illegale Paralleljustiz werden wir nicht dulden. Wir sind überzeugt, dass Recht und Rechtsordnung eine völkerverbindende und friedenstiftende Wirkung entfalten. Wir werden zudem die Initiative „Law – Made in Germany“ fortführen und weiterentwickeln.
Wir werden deshalb mit Nachdruck die bilateralen Rechtsstaatsdialoge fördern. Die Bundesregierung fördert institutionell das Institut zur Umsetzung der Nürnberger Prinzipien im Völkerstrafrecht in Nürnberg.
Im Interesse der Lebendigkeit unserer Demokratie und unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung ist es erforderlich, ziviles Engagement und demokratisches Verhalten sowie den Einsatz für Vielfalt und Toleranz bei Kindern und Jugendlichen auf der kommunalen bzw. regionalen Ebene zu fördern und zu stärken. Wir motivieren und unterstützen Vereine, Projekte und Initiativen, die sich der Förderung von Demokratie und Toleranz widmen und gegen Gewalt und Hass, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus wenden.
Der Einsatz für Demokratie und gegen Extremismus ist eine gesamtstaatliche Aufgabe und bedarf einer ressortübergreifenden Gesamtstrategie.
Die Extremismusprävention der Bundesregierung bündeln und optimieren wir. Antisemitismus bekämpfen wir, Radikalisierung treten wir entgegen. Wir stärken die Prävention durch Verstetigung von Programmen.
Die Umsetzung der einmütig beschlossenen Empfehlungen des NSUUntersuchungsausschusses ist ein wichtiger Eckpfeiler unserer Bemühungen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland. Die Auseinandersetzung mit und die Überwindung von Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus und anderer Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist eine Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Zivilgesellschaft gleichermaßen.
Die bestehenden Programme werden langfristig finanziell sichergestellt und auf bundesgesetzlicher Grundlage, soweit Gesetzgebungskompetenz vorliegt, weiterentwickelt sowie neue Strukturformen entsprechend des Abschlussberichtes des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages zur NSU etabliert. Die Haushaltsmittel stocken wir auf. Wir treten rassistischen und demokratiefeindlichen Strukturen mit der Stärkung von Forschung und politischer Bildung entgegen.
Die Bundeszentrale für politische Bildung leistet einen unverzichtbaren Beitrag für die Demokratieförderung. Ihre Arbeit wollen wir stärken.